Deutsche Sagen. band1(1 ao 31).




1.
Die drei Bergleute im Kuttenberg.
Mündlich in Hessen.
In Böhmen liegt der Kuttenberg, darin arbeiteten drei Bergleute lange Jahre und verdienten damit für Frau und Kind das Brot ehrlich. Wann sie Morgens in den Berg gingen, so nahmen sie dreierlei mit: erstens ihr Gebätbuch, zweitens ihr Licht, aber nur auf einen Tag mit Öhl versehen, drittens ihr Bischen Brot, das reichte auch nur auf einen Tag. Ehe sie die Arbeit anhuben, thaten sie ihr Gebät zu Gott, daß er sie in dem Berge bewahren mögte und darnach fingen sie getrost und fleißig an zu arbeiten. Es trug sich zu, als sie einen Tag gearbeitet hatten und es bald Abend war, daß der Berg vornen einfiel und der Eingang verschüttet wurde. Da meinten sie begraben zu seyn und sprachen: „ach Gott! wir armen Bergleute, wir müssen nun Hungers sterben! wir haben nur einen Tag Brot zu essen und einen Tag Öhl auf dem Licht!“ Nun befahlen sie sich Gott und dachten bald zu sterben, doch wollten sie nicht müßig seyn, so lange sie noch Kräfte hätten, arbeiteten fort und fort und bäteten. Also geschah es, daß ihr Licht sieben Jahr brennte und ihr kleines Bischen Brot, von dem sie tagtäglich [] aßen, ward auch nicht all, sondern blieb eben so groß und sie meinten, die sieben Jahre wären nur ein Tag. Doch da sie sich nicht ihr Haar schneiden und den Bart abnehmen konnten, waren diese ellen-lang gewachsen. Die Weiber hielten unterdessen ihre Männer für todt, meinten sie würden sie nimmermehr wiedersehen und dachten daran, andere zu heirathen.
Nun geschah es, daß einer von den dreien unter der Erde, so recht aus Herzensgrund, wünschte: „ach! könnt ich noch einmal das Tageslicht sehen, so wollt’ ich gerne sterben!“ Der Zweite sprach: „ach! könnt ich noch einmal daheim mit meiner Frau zu Tische sitzen und essen, so wollt’ ich gerne sterben!“ Da sprach auch der Dritte: „ach! könnt ich nur noch ein Jahr friedlich und vergnügt mit meiner Frau leben, so wollt’ ich gerne sterben!“ Wie sie das gesprochen hatten, so krachte der Berg gewaltig und übermächtig und sprang von einander, da ging der erste hin zu dem Ritz und schaute hinauf und sah den blauen Himmel, und wie er sich am Tageslicht gefreut, sank er augenblicklich todt nieder. Der Berg aber that sich immer mehr von einander, also daß der Riß größer ward, da arbeiteten die beiden andern fort, hackten sich Treppen, krochen hinauf und kamen endlich heraus. Sie gingen nun fort in ihr Dorf und in ihre Häuser und suchten ihre Weiber, aber die wollten sie nicht mehr kennen. Sie sprachen: „habt ihr denn keine Männer gehabt?“ „Ja, antworteten jene, aber die sind schon sieben Jahre todt und liegen im Kuttenberg [] begraben!“ Der Zweite sprach zu seiner Frau: „ich bin dein Mann,“ aber sie wollt’ es nicht glauben, weil er den ellenlangen Bart hatte und ganz unkenntlich war. Da sagte er: „hol mir das Bartmesser, das oben in dem Wandschrank liegen wird und ein Stückchen Seife dazu.“ Nun nahm er sich den Bart ab, kämmte und wusch sich, und als er fertig war, sah sie, daß es ihr Mann war. Sie freute sich herzlich, holte Essen und Trinken so gut sie es hatte, deckte den Tisch und sie setzten sich zusammen hin und aßen vergnügt mit einander. Wie aber der Mann satt war und eben den letzten Bissen Brot gegessen hatte, da fiel er um und war todt. Der dritte Bergmann wohnte ein ganzes Jahr in Stille und Frieden mit seiner Frau zusammen, als es herum war, zu derselben Stunde aber, wo er aus dem Berg gekommen war, fiel er und seine Frau mit ihm todt hin. Also hatte Gott ihre Wünsche ihrer Frömmigkeit wegen erfüllt.



2.
Der Berg-Geist.
Prätor Weltbeschreibung I. 110. 127. 128.
Bräuner’s Curiosit. 203. 206.
G. Agricola de animalib. subterr.
Mündliche Erzählung.
Der Berg-Geist, Meister Hämmerling, gemeiniglich Berg-Mönch genannt, zeigt sich zuweilen [] in der Tiefe, gewöhnlich als ein Riese in einer schwarzen Mönchs-Kutte. In einem Bergwerk der Graubündner Alpen erschien er oft und war besonders am Freitage geschäfftig, das ausgegrabene Erz aus einem Eimer in den andern zu schütten; der Eigenthümer des Bergwerks durfte sich das nicht verdrießen lassen, wurde aber auch niemals von ihm beleidigt. Dagegen als einmal ein Arbeiter, zornig über dies vergebliche Handthieren, den Geist schalt und verfluchte, faßte ihn dieser mit so großer Gewalt, daß er zwar nicht starb, aber das Antlitz sich ihm umkehrte. Im Annaberg, in der Höhle, welche der Rosenkranz heißt, hat er zwölf Bergleute, während der Arbeit, angehaucht, wovon sie todt liegen geblieben sind, und die Grube ist, obgleich silberreich, nicht ferner angebaut worden. Hier hat er sich in Gestalt eines Rosses mit langem Hals gezeigt, furchtbar blickende Augen auf der Stirne. Zu Schneeberg ist er aber als ein schwarzer Mönch in der St. Georgen-Grube erschienen und hat einen Bergknappen ergriffen, von der Erde aufgehoben und eben in die Grube, die vorzeiten gar silberreich war, so hart niedergesetzt, daß ihm seine Glieder verletzt waren. Am Harz hat er einmal einen bösen Steiger, der die Bergleute quälte, bestraft. Denn als dieser zu Tage fuhr stellte er sich, ihm unsichtbar, über die Grube und als er empor kam, drückte ihm der Geist mit den Knien den Kopf zusammen.

3.
Der Berg-Mönch im Harz.
Mündlich, am Harz.
Zwei Bergleute arbeiteten immer gemeinschaftlich. Einmal als sie anfuhren und vor Ort kamen, sahen sie an ihrem Geleucht, daß sie nicht genug Öhl zu einer Schicht auf den Lampen hatten. „Was fangen wir da an?“ sprachen sie mit einander, „geht uns das Öhl aus, so daß wir im Dunkeln sollen zu Tag fahren, sind wir gewiß unglücklich, da der Schacht schon gefährlich ist. Fahren wir aber jetzt gleich aus, um von Haus Öhl zu holen, so straft uns der Steiger und das mit Lust, denn er ist uns nicht gut.“ Wie sie also besorgt standen, sahen sie ganz fern in der Strecke ein Licht, das ihnen entgegen kam. Anfangs freuten sie sich, als es aber naher kam, erschraken sie gewaltig, denn ein ungeheurer, riesen-großer, Mann ging, ganz gebückt, in der Strecke herauf. Er hatte eine große Kappe auf dem Kopf und war auch sonst wie ein Mönch angethan, in der Hand aber trug er ein mächtiges Gruben-Licht. Als er bis zu den beiden, die in Angst da still standen, geschritten war, richtete er sich auf und sprach: „Fürchtet euch nicht, ich will euch kein Leids anthun, vielmehr Gutes“, nahm ihr Geleucht und schüttete Öhl von seiner Lampe darauf. Dann aber griff er ihr Gezäh und arbeitete ihnen in einer Stunde mehr, als sie selbst in der ganzen Woche [] bei allem Fleiß herausgearbeitet hätten. Nun sprach er: „sagts keinem Mensehen je, daß ihr mich gesehen habt“ und schlug zuletzt mit der Faust links an die Seitenwand; sie that sich aus einander und die Bergleute erblickten eine lange Strecke, ganz von Gold und Silber schimmernd. Und weil der unerwartete Glanz ihre Augen blendete, so wendeten sie sich ab, als sie aber wieder hinschauten, war alles verschwunden. Hätten sie ihre Bilhacke (Hacke mit einem Beil) oder sonst irgend nur einen Theil ihres Gezähs hineingeworfen, wäre die Strecke offen geblieben und ihnen viel Reichthum und Ehre zugekommen; aber so war es vorbei, wie sie die Augen davon abgewendet.
Doch blieb ihnen auf ihrem Geleucht das Öhl des Berg-Geistes, das nicht abnahm und darum noch immer ein großer Vortheil war. Aber nach Jahren, als sie einmal am Sonnabend mit ihren guten Freunden im Wirthshaus zechten und sich lustig machten, erzählten sie die ganze Geschichte, und Mondtags Morgen, als sie anfuhren, war kein Öhl mehr auf der Lampe und sie mußten nun jedesmal wieder, wie die andern, frisch aufschütten.

5.
Frau Holla zieht umher.
Prätor. Weihnachtsfratzen prop. 54.
In der Weihnacht fängt Frau Holla an herumzuziehen, da legen die Mägde ihren Spinnrocken aufs neue an, winden viel Werk oder Flachs darum und lassen ihn über Nacht stehen. Sieht das nun Frau Holla, so freut sie sich und sagt:
so manches Haar,
so manches gutes Jahr.
Diesen Umgang hält sie bis zum großen Neujahr, d. h. den Heiligen drei Königstag, wo sie wieder umkehren muß nach ihrem Horselberg; trifft sie dann unterwegens Flachs auf dem Rocken, zürnt sie und pricht:
so manches Haar,
so manches böses Jahr.
Daher reißen Feier-Abends vorher alle Mägde sorgfältig von ihren Rocken ab, was sie nicht abgesponnen haben, damit nichts dran bleibe und ihnen übel ausschlage. [] Noch besser ists aber, wenn es ihnen gelingt, alles angelegte Werk vorher im Abspinnen herunter zu bringen.

6.
Frau Hollen Bad.
Zeiler’s Sendschreiben II. 533. S. 695.
Prätor. Weltbeschr. I. 476.
Am Meißner in Hessen liegt ein großer Pfuhl oder See, mehrentheils trüb von Wasser, den man Frau Hollen Bad nennt. Nach alter Leute Erzählung wird Frau Holle zuweilen badend um die Mittagsstunde darin gesehen und verschwindet nachher. Berg und Moore in der ganzen Umgegend sind voll von Geistern und Reisende oder Jäger oft von ihnen verführt oder beschädiget worden.


7.
Frau Holla und der treue Eckart.
Prätor. Weihnachtsfratzen propos. 55.
Falkenstein thüring. Chronik I. 167.
In Thüringen liegt ein Dorf Namens Schwarza, da zog Weihnachten Frau Holla vorüber und vorn im Haufen ging der treue Eckart und warnte die begegneten Leute aus dem Wege zu weichen, daß ihnen kein Leid widerfahre. Ein Paar Bauerknaben hatten gerade Bier in der Schenke geholt, das sie nach Haus [] tragen wollten, als der Zug erschien, dem sie zusahen. Die Gespenster nahmen aber die ganze breite Straße ein, da wichen die Dorfjungen mit ihren Kannen abseits in eine Ecke; bald nahten sich unterschiedene Weiber aus der Rotte, nahmen die Kannen und tranken. Die Knaben schwiegen aus Furcht stille, wußten doch nicht, wie sie ihnen zu Haus thun sollten, wenn sie mit leeren Krügen kommen würden. Endlich trat der treue Eckart herbei und sagte: „das rieth euch Gott, daß ihr kein Wörtchen gesprochen habt, sonst wären euch euere Hälse umgedreht worden; gehet nun flugs heim und sagt keinem Menschen etwas von der Geschichte, so werden eure Kannen immer voll Bier seyn und wird ihnen nie gebrechen.“ Dieses thaten die Knaben und es war so, die Kannen wurden niemals leer, und drei Tage nahmen sie das Wort in acht. Endlich aber konnten sies nicht länger bergen, sondern erzählten aus Vorwitz ihren Eltern den Verlauf der Sache, da war es aus und die Krüglein versiegten. Andere sagen, es sey dies nicht eben zu Weihnacht geschehen, sondern auf eine andre Zeit.

8.
Frau Holla und der Bauer.
Prätor. Weihnachtfr. prop. 56.
Frau Holla zog einmal aus, begegnete ihr ein Bauer mit der Axt. Da redete sie ihn mit den Worten [] an, daß er ihr den Wagen verkeilen oder verschlagen sollte. Der Taglöhner that, wie sie ihm hieß und als die Arbeit verrichtet war, sprach sie: raff die Späne auf und nimm sie zum Trinkgeld mit; drauf fuhr sie ihres Weges. Dem Manne kamen die Späne vergeblich und unnütz vor, darum ließ er sie meistentheils liegen, blos ein Stück oder drei nahm er für die Langeweile mit. Wie er nach Hause kam und in den Sack griff, waren die Späne eitel Gold, alsbald kehrte er um, noch die andern zu holen, die er liegen gelassen; so sehr er suchte, so war es doch zu spät und nichts mehr vorhanden.

9.
Die Springwurzel.
Mündlich auf dem Köterberg von einem Schäfer.
vgl. Altdeutsche Wälder II. 95.
Vorzeiten hütete ein Schäfersmann friedlich auf dem Köterberg, da stand, als er sich einmal umwendete, ein prächtiges Königs-Fräulein vor ihm und sprach: „nimm die Spring-Wurzel und folge mir nach.“ Die Spring-Wurzel erhält man dadurch, daß man einem Grünspecht (Elster oder Wiedehopf) sein Nest mit einem Holz zukeilt; der Vogel, wie er das bemerkt, fliegt alsbald fort und weiß die wunderbare Wurzel zu finden, die ein Mensch noch immer vergeblich gesucht[] hat. Er bringt sie im Schnabel und will sein Nest damit wieder öffnen, denn hält er sie vor den Holzkeil, so springt er heraus, wie vom stärksten Schlag getrieben. Hat man sich versteckt und macht nun, wie er heran kommt, einen großen Lärm, so läßt er sie erschreckt fallen (man kann aber auch nur ein weißes oder rothes Tuch unter das Nest breiten, so wirft er sie darauf, sobald er sie gebraucht hat.) Eine solche Springwurzel besaß der Hirt, ließ nun seine Thiere herumtreiben und folgte dem Fräulein. Sie führte ihn bei einer Höhle in den Berg hinein, kamen sie zu einer Thüre oder einem verschlossenen Gang, so mußte er seine Wurzel vorhalten und alsbald sprang sie krachend auf. Sie gingen immer fort, bis sie etwa in die Mitte des Bergs gelangten, da saßen noch zwei Jungfrauen und spannen emsig; der Böse war auch da, aber ohne Macht und unten an den Tisch, vor dem die beiden saßen, festgebunden. Ringsum war in Körben Gold und leuchtende Edelsteine aufgehäuft und die Königstochter sprach zu dem Schäfer, der da stand und die Schätze anlusterte: „nimm dir, so viel du willst.“ Ohne Zaudern griff er hinein und füllte seine Taschen, so viel sie halten konnten und wie er, also reich beladen, wieder hinaus wollte, sprach sie: „aber vergiß das Beste nicht!“ Er meinte nicht anders, als das wären die Schätze und glaubte sich gar wohl versorgt zu haben, aber es war das Spring-Wort. [] Wie er nun hinaustrat, ohne die Wurzel, die er auf den Tisch gelegt, schlug das Thor mit Schallen hinter ihm zu, hart an die Ferse, doch ohne weitern Schaden, wiewohl er leicht sein Leben hätte einbüßen können. Die großen Reichthümer brachte er glücklich nach Haus, aber den Eingang konnte er nicht wieder finden. Der erzählende Schäfer brauchte ganz gleichbedeutend die Spring-Wurzel und das Spring-Wort wie im Gefühl von der alten Verwandschaft beider Ausdrücke.

10.
Fräulein von Boyneburg.
Mündlich, aus Hessen.
Auf eine Zeit lebten auf der Boyneburg drei Fräulein zusammen. Der jüngsten träumte in einer Nacht, es sey in Gottes Rath beschloßen, daß eine von ihnen im Wetter sollte erschlagen werden. Morgens sagte sie ihren Schwestern den Traum und als es Mittag war, stiegen schon Wolken auf, die immer größer und schwärzer wurden, also daß Abends ein schweres Gewitter am Himmel hinzog und ihn bald ganz zudeckte und der Donner immer näher herbei kam. Als nun das Feuer von allen Seiten herabfiel, sagte die älteste: „ich will Gottes Willen gehorchen, denn mir ist der Tod bestimmt“, ließ sich einen Stuhl hinaustragen, saß draußen einen Tag und eine Nacht und erwartete, daß der [] Blitz sie träfe. Aber es traf sie keiner; da stieg am zweiten Tage die zweite herab und sprach: „ich will Gottes Willen gehorchen, denn mir ist der Tod bestimmt“; und saß den zweiten Tag und die zweite Nacht, die Blitze versehrten sie auch nicht, aber das Wetter wollte nicht fortziehen. Da sprach die dritte am dritten Tage: „nun seh ich Gottes Willen: daß ich sterben soll“, da ließ sie den Pfarrer holen, der ihr das Abendmahl reichen mußte, dann machte sie auch ihr Testament und stiftete, daß an ihrem Todestage die ganze Gemeinde gespeist und beschenkt werden sollte. Nachdem das geschehen war, ging sie getrost hinunter und setzte sich nieder und nach wenigen Augenblicken fuhr auch ein Blitz auf sie herab und tödtete sie.
Hernach als das Schloß nicht mehr bewohnt war, ist sie oft als ein guter Geist gesehen worden. Ein armer Schäfer, der all sein Hab und Gut verloren hatte und dem am andern Tage sein letztes sollte ausgepfändet werden, weidete an der Boyneburg, da sah er im Sonnenschein an der Schloßthüre eine schneeweiße Jungfrau sitzen. Sie hatte ein weißes Tuch ausgebreitet, darauf lagen Knotten, die sollten in der Sonne aufklinken. Der Schäfer verwunderte sich, an dem einsamen Ort eine Jungfrau zu finden, trat zu ihr hin und sprach: „ei was schone Knotten!“ nahm ein paar in die Hand, besah sie und legte sie wieder hin. Sie sah ihn freundlich und doch traurig an, antwortete aber nichts, da ward dem Schäfer angst, daß [] er fort ging, ohne sich umzusehen und die Heerde nach Haus trieb. Es waren ihm aber ein paar Knotten, als er darin gestanden, neben in die Schuhe gefallen, die drückten ihn auf dem Heimweg, da setzte er sich, zog den Schuh ab und wollte sie herauswerfen, wie er hineingriff, so fielen ihm fünf oder sechs Goldkörner in die Hand. Der Schäfer eilte zur Boyneburg zurück, aber die weiße Jungfrau war sammt den Knotten verschwunden; doch konnte er sich mit dem Golde schuldenfrei machen und seinen Haushalt wieder einrichten.
Viele Schätze sollen in der Burg noch verborgen liegen. Ein Mann war glücklich und sah in der Mauer ein Schubfach; als er es aufzog, war es ganz voll Gold. Eine Wittwe hatte nur eine Kuh und Ziege und weil an der Boyneburg schöne Heiternesseln wachsen, wollte sie davon zum Futter abschneiden, wie sie aber eben nach einem Strauch packte, glitt sie aus und fiel tief hinab. Sie schrie und rief nach Hilfe, es war aber niemand mehr in der einsamen Gegend, bis Abends ihre Kinder, denen Angst geworden war, herbei kamen und ihre Stimme hörten. Sie zogen sie an Stricken herauf und nun erzählte sie ihnen, tief da unten sey sie vor ein Gitter gefallen, dahinter habe sie einen Tisch gesehen der mit Reichthümern und Silberzeug ganz beladen gewesen.

11.
Der Piel-Berg.
Prätorius Glücks-Topf S. 506.
Bei Annaberg in Meissen, liegt vor der Stadt ein hoher Berg, der Piel-Berg genannt, darauf soll vor Zeiten eine schöne Jungfrau verbannt und verwünscht seyn, die sich noch öfters um Mittag, weshalb sich dann niemand dort darf sehen lassen, in köstlicher Gestalt, mit prächtigen, gelben, hinter sich geschlagenen Haaren zeigt.

12.
Die Schloß-Jungfrau.
Falkenstein thüring. Chronik I. 172.
Auf dem Schloßberg unweit Ordruf in Thüringen soll sich manchmal eine Jungfrau sehen lassen, welche ein großes Gebund Schlüssel anhängen hat. Sie kommt dann allezeit um zwölf Uhr Mittags vom Berg herab und geht nach dem unten im Thal befindlichen Hierlings- oder Hörlings-Brunn und badet sich in demselben, worauf sie wiederum den Berg hinaufsteigt. Einige wollen sie genau gesehen und betrachtet haben.

13.
Die Schlangen-Jungfrau.
Prätor. Weltbeschr. I. 661–663.
Seyfried in medulla. p. 477. 478.
Kornemann mons Veneris c. 34. p. 189–192.
Um das Jahr 1520 war einer zu Basel im Schweizerlande mit Namen Leonhard, sonst gemeinlich Lienimann genannt, eines Schneiders Sohn, ein alberner und einfältiger Mensch, und dem dazu das Reden, weil er stammerte, übel abging. Dieser war in das Schlauf-Gewölbe oder den Gang, welcher zu Augst über Basel unter der Erde her sich erstreckt, ein- und darin viel weiter, als jemals einem Menschen möglich gewesen, fortgegangen und hinein gekommen und hat von wunderbarlichen Händeln und Geschichten zu reden wissen. Denn er erzählt und es gibt noch Leute, die es aus seinem Munde gehört haben, er habe ein geweihtes Wachslicht genommen und angezündet und sey mit diesem in die Höhle eingegangen. Da hätte er erstlich durch eine eiserne Pforte und darnach aus einem Gewölbe in das andere, endlich auch durch etliche gar schöne und lustige grüne Gärten gehen müssen. In der Mitte aber stünde ein herrlich und wohlgebautes Schloß oder Fürstenhaus, darin wäre eine gar schöne Jungfrau mit menschlichem Leibe bis zum Nabel, die trüge auf ihrem Haupt eine Krone von Gold und ihre Haare hätte sie zu Felde geschlagen; unten vom Nabel[] an wäre sie aber eine gräuliche Schlange. Von derselben Jungfrau wäre er bei der Hand zu einem eisernen Kasten geführt worden, auf welchem zwei schwarze bellende Hunde gelegen, also daß sich niemand dem Kasten nähern dürfen, sie aber hatte ihm die Hunde gestillt und im Zaum gehalten, und er ohne alle Hinderung hinzugehen können. Darnach hätte sie einen Bund Schlüssel, den sie am Hals getragen, abgenommen, den Kasten aufgeschlossen, silberne und andere Münzen heraus geholt. Davon ihm dann die Jungfrau nicht wenig aus sonderlicher Mildigkeit geschenkt, welche er mit sich aus der Schluft gebracht; wie er denn auch selbige vorgezeigt und sehen lassen. Auch habe die Jungfrau zu ihm gesprochen, sie sey von königlichem Stamme und Geschlecht geboren, aber also in ein Ungeheuer verwünscht und verflucht, und könne durch nichts erlöst werden, als wenn sie von einem Jüngling, dessen Keuschheit rein und unverletzt wäre, dreimal geküßt werde; dann würde sie ihre vorige Gestalt wieder erlangen. Ihrem Erlöser wolle sie dafür den ganzen Schatz, der an dem Orte verborgen gehalten würde, geben und überantworten. Er erzählte weiter, daß er die Jungfrau bereits zweimal geküßt, da sie denn alle beide , vor großer Freude der unverhofften Erlösung, mit so gräulichen Gebärden sich erzeigt, daß er sich gefürchtet und nicht anders gemeint, sie würde ihn lebendig zerreißen; daher er zum drittenmal sie zu küssen nicht gewagt, sondern weggegangen wäre. Hernach hat es sich begeben, daß ihn etliche in ein Schand-Haus mitgenommen, [] wo er mit einem leichtsinnigen Weibe gesündigt. Also vom Laster befleckt, hat er nie wieder den Eingang zu der Schlauf-Höhle finden können; welches er zum öftern mit Weinen beklagt.
14.
Das schwere Kind.
Bräuner’s Curiosit. 274.
Im Jahr 1686. am achten Juni erblickten zwei Edelleute auf dem Wege nach Chur in der Schweiz an einem Busch ein kleines Kind liegen, das in Linnen eingewickelt war. Der eine hatte Mitleiden, hieß seinen Diener absteigen und das Kind aufheben, damit man es ins nächste Dorf mitnehmen und Sorge für es tragen könnte. Als dieser abgestiegen war, das Kind angefaßt hatte und aufheben wollte, war er es nicht vermögend. Die zwei Edelleute verwunderten sich hierüber und befahlen dem andern Diener, auch abzusitzen und zu helfen. Aber beide mit gesammter Hand waren nicht so mächtig, es nur von der Stelle zu rücken. Nachdem sie es lange versucht, hin und her gehoben und gezogen, hat das Kind anfangen zu sprechen und gesagt: „laßet mich liegen, denn ihr könnt mich doch nicht von der Erde wegbringen. Das aber will ich euch sagen, daß dies ein köstliches und fruchtbares Jahr seyn wird, aber wenig Menschen werden es erleben.“ Sobald es diese Worte ausgeredet hatte, verschwand es. Die beiden [] Edelleute legten nebst ihren Dienern ihre Aussage bey dem Rath zu Chur nieder.

15.
Der alte Weinkeller bei Salurn.
Nachr. von Geistern. Frankf. 1737. S. 66–73.
Auf dem Rathhause des tyroler Fleckens Salurn, an der Etsch, werden zwei alte Flaschen vorgezeigt und davon erzählt: Im Jahr 1688. ging Christoph Patzeber von St. Michael nach Salurn in Verrichtungen und wie er bei den Trümmern der alten salurner Burg vorüberkam, wandelte ihn Lust an, das Gemäuer näher zu betrachten. Er sah sich im obern Theil um und fand ungefähr eine unterirdische Treppe, welche aber ganz hell schien, so daß er hinabstieg, und in einen ansehnlichen Keller gelangte, zu dessen beiden Seiten er große Fässer liegen sah. Der Sonnenstrahl fiel durch die Ritzen, er konnte deutlich achtzehn Gefäße zählen, deren jedes ihm däuchte funfzig Irten zu halten; an denen die vorn standen, fehlte weder Hahn noch Krahn und als der Bürger vorwitzig umdrehte, sah er mit Verwunderung einen Wein, köstlich wie Oel, fließen. Er kostete das Getränk und fand es von solchem herrlichen Geschmack, als er Zeitlebens nicht über die Zunge gebracht hatte. Gern hätte er für Weib und Kind davon mitgenommen, wenn ihm ein Geschirr zu Handen gewesen wäre; die gemeine Sage fiel ihm ein von diesem [] Schloß, das schon manchen Menschen unschuldigerweise reich gemacht haben sollte, und er sann hin und her, ob er nicht durch diesen Fund glücklich werden möchte. Er schlug daher den Weg nach der Stadt ein, vollbrachte sein Geschäft und kaufte sich zwei große irdene Flaschen nebst Trichter und verfügte sich noch vor Sonnenuntergang in das alte Schloß, wo er alles gerade so wiederfand, als das erstemal. Ungesäumt füllte er seine beiden Flaschen mit Wein, welche etwa zwanzig Maaß fassen konnten, hierauf wollte er den Keller verlassen. Aber im Umdrehen sah er plötzlich an der Treppe, also daß sie ihm den Gang sperrten, drei alte Männer an einem kleinen Tische sitzen, vor ihnen lag eine schwarze mit Kreide beschriebene Tafel. Der Bürger erschrak heftig, hätte gern allen Wein im Stich gelassen, hub an inbrünstig zu beten und die Kellerherrn um Verzeihung zu bitten. Da sprach einer aus den dreien, welcher einen langen Bart, eine Ledermütze auf dem Haupt und einen schwarzen Rock anhatte: komm so oft du wilt, so sollst du allzeit erhalten, was dir und den deinen vonnöthen ist. Hierauf verschwand das ganze Gesicht. Patzeber konnte frei und ungehindert fortgehen und gelangte glücklich heim zu seinem Weibe, dem er alles erzählte, was ihm begegnet war. Anfangs verabscheute die Frau diesen Wein, als sie aber sah, wie ohne Schaden sich ihr Hauswirth daran labte, versuchte sie ihn auch und gab allen ihren Hausgenossen dessen zu trinken. Als nun der Vorrath all wurde, nahm er getrost die zwei irdenen Krüge, ging wieder [] in den Keller und füllte von neuem und das geschah etlichemal ein ganzes Jahr durch; dieser Trunk, der einer kaiserlichen Tafel wohl gestanden hätte, kostete ihn keinen Heller. Einmal aber besuchten ihn drei Nachbaren, denen er von seinem Gnadentrunk zubrachte, und die ihn so trefflich fanden, daß sie Verdacht schöpften und argwohnten, er sey auf unrechtem Wege dazu gekommen. Weil sie ihm ohnedeß feind waren, gingen sie aufs Rathhaus und verklagten ihn, der Bürger erschien und verhehlte nicht, wie er zu dem Wein gelangt war, obgleich er innerlich dachte, daß er nun den letzten geholt haben würde. Der Rath ließ von dem Wein vor Gericht bringen und befand einstimmig, daß dergleichen im Lande nirgends anzutreffen wäre. Also mußten sie zwar den Mann nach abgelegtem Eid heim entlassen, gaben ihm aber auf, mit seinen Flaschen nochmals den vorigen Weg zu unternehmen. Er machte sich auch dahin, aber weder Treppe noch Keller war dort zu spüren und er empfing unsichtbare Schläge, die ihn betäubt und halbtodt zu Boden strecktn. Als er so lange Zeit lag, bedäuchte ihn den vorigen Keller, aber fern in einer Tiefe, zu erblicken, die drei Männer saßen wieder da und kreideten still und schweigend bei einer hellen Lampe auf dem Tisch, als hätten sie eine wichtige Rechnung zu schließen; zuletzt wischten sie alle Ziffern aus und zogen ein Creuz über die ganze Tafel, welche sie hernach bei Seite stellten. Einer stand auf, öffnete drei Schlösser an einer eisernen Thür und man hörte Geld klingen. Auf [] einer anderen Treppe kam dann dieser alte Mann heraus zu dem auf der Erde liegenden Bürger, zählte ihm 30 Thaler in den Hut, ließ aber nicht den geringsten Laut von sich hören. Hiermit verschwand das Gesicht und die salurner Uhr aus der Ferne schlug eilf. Der Bürger raffte sich auf und kroch aus den Mauern, auf der Höhe sah er einen ganzen Leichenzug mit Lichtern vorbeiwallen und deutete das auf seinen eigenen Tod. Inzwischen kam er nach und nach auf die Landstraße und wartete auf Leute, die ihn nach Haus schleppten. Darauf berichtete er dem Rath den ganzen Verlauf und die 30 alten Thaler bewiesen deutlich, daß sie ihm von keiner oberirdischen Hand waren gegeben worden. Man sandte des folgenden Tags acht beherzte Männer aus zu der Stelle, die gleichwohl nicht die mindeste Spuren entdeckten, außer in einer Ecke der Trümmer die beiden irdenen Flaschen liegen fanden und zum Wahrzeichen mitbrachten. Der Patzeber starb zehen Tage darauf und mußte die Weinzeche mit seinem Leben zahlen; das gemachte große Creuz hatte die Zahl der zehn Tage vielleicht vorbedeutet.

16.
Hünen-Spiel.
Mündlich, aus dem Corvei’schen.
Bei Höxter liegen der Brunsberg und Wiltberg, auf welchen die Sachsen im Kampf mit Carl dem Großen [] sollen ihre Burgen gehabt haben. Nach der Sage des Volks wohnten dort ehedem Hünen, die so groß waren, daß sie sich Morgens aus ihren Fenstern grüßend die Hände herüber und hinüber reichten. Sie warfen sich auch, als Ballspiel, Kugeln zu und ließen sie hin und her fliegen. Einmal fiel eine solche Kugel mitten ins Thal herab und schlug ein gewaltiges Loch in den Erdboden, das man noch heute sieht.

17.
Das Riesen-Spielzeug.
Mündlich von einem Förster.
Im Elsaß auf der Burg Nideck, die an einem hohen Berg bei einem Wasserfall liegt, waren die Ritter vorzeiten große Riesen. Einmal ging das Riesen-Fräulein herab ins Thal, wollte sehen, wie es da unten wäre und kam bis fast nach Haslach auf ein vor dem Wald gelegenes Ackerfeld, das gerade von den Bauern bestellt ward. Es blieb vor Verwunderung stehen und schaute den Pflug, die Pferde und Leute an, das ihr alles etwas neues war. „Ei, sprach sie, und ging herzu, das nehm ich mir mit.“ Da kniete sie nieder zur Erde, spreitete ihre Schürze aus, strich mit der Hand über das Feld, fing alles zusammen und thats hinein. Nun lief sie ganz vergnügt nach Haus, den Felsen hinaufspringend, wo der Berg so jäh ist, [] daß ein Mensch mühsam klettern muß, da that sie einen Schritt und war droben.
Der Ritter saß gerad am Tisch, als sie eintrat. „Ei, mein Kind, sprach er, was bringst du da, die Freude schaut dir ja aus den Augen heraus.“ Sie machte geschwind ihre Schürze auf und ließ ihn hineinblicken. „Was hast du so Zappeliches darin?“ „Ei Vater, gar zu artiges Spielding! so was schönes hab ich mein Lebtag noch nicht gehabt.“ Darauf nahm sie eins nach dem andern heraus und stellte es auf den Tisch: den Pflug, die Bauern mit ihren Pferden; lief herum, schaute es an, lachte und schlug vor Freude in die Hände, wie sich das kleine Wesen darauf hin und her bewegte. Der Vater aber sprach: „Kind, das ist kein Spielzeug, da hast du was schönes angestiftet! Geh nur gleich und trags wieder hinab ins Thal.“ Das Fräulein weinte, es half aber nichts. „Mir ist der Bauer kein Spielzeug, sagt der Ritter ernsthaftig, ich leids nicht, daß du mir murrst, kram alles sachte wieder ein und trags an den namlichen Platz, wo du’s genommen hast. Baut der Bauer nicht sein Ackerfeld, so haben wir Riesen auf unserm Felsen-Nest nichts zu leben.“

18.
Riese Einheer.
Aventin Bair. Chronik. Frankf. 1570. S. 285b.
Zu Zeiten Carls des Großen lebt ein Ries’ und Recke, hieß Einheer, war ein Schwab, bürtig aus [] Thurgau, jetzund Schweitz, der wuthe (wadete) über alle Wasser, dorft (braucht) über keine Brücke gehen, zoge sein Pferd bei dem Schwanz hernach, sagt allzeit: „nun Gesell, du mußt auch hernach!“ Dieser reiset auch in diesen Kaiser-Carls-Kriegen wider die Winden (Wenden) und Haunen (Hunnen); er mähet die Leut, gleich wie das Gras mit einer Sensen, alle nieder, hängt sie an den Spieß, trugs über die Achseln wie Hasen und Füchs, und da er wieder heim kam und ihn seine gute Gesellen und Nachbarn fragten, was er ausgerichtet hätte? wie es ihm im Kriege gegangen wäre? sagt er aus Unmuth und Zorn: „was soll ich viel von diesen Fröschlein sagen! ich trug ihr sieben oder acht am Spieß über die Achsel, weiß nicht, was sie quacken, ist der Mühe nicht werth, daß der Kaiser so viel Volks wider solche Kröten und Würmlein zusammenbracht, ich wollts viel leichter zu wegen gebracht haben!“ – Diesen Riesen nennt man Einheer, daß (weil) er sich in Kriegen schier einem Heer vergleicht und also viel ausrichtet. Es flohen ihm die Feinde, Winden und Haunen, meinten, es war der leidige Teufel.

19.
Riesen-Säulen.
Winkelmann’s hessische Chronik. S. 32.
Melissantes in Orograph. bei Malchen-Berg.
Bei Miltenberg oder Kleinen-Haubach auf einem hohen Gebürg im Walde sind neun gewaltige, große, [] steinerne Säulen zu sehen und daran die Handgriffe, wie sie von den Riesen im Arbeiten herumgedreht worden, damit eine Brücke über den Main zu bauen; solches haben die alten Leute je nach und nach ihren Kindern erzählt, auch daß in dieser Gegend vor Zeiten viele Riesen sich aufgehalten.

20.
Der Köterberg.
Mündlich von einem darauf hütenden Schäfer.
Der Köterberg, (an der Gränze des Paderbornschen, Lippeschen und Corveischen) war sonst der Götzenberg genannt, weil die Götter der Heiden da angebätet wurden. Er ist innen voll Gold und Schätze, die einen armen Mann wohl reich machen könnten, wenn er dazu gelangte. Auf der nördlichen Seite sind Höhlen, da fand einmal ein Schäfer den Eingang und die Thüre zu den Schätzen, aber wie er eingehen wollte, in demselben Augenblick kam ein ganz blutiger, entsetzlicher Mann übers Feld daher gelaufen und erschreckte und verscheuchte ihn. Südlich auf einem waldbewachsenen Hügel am Fuße des Berges stand die Harzburg, wovon die Mauern noch zu sehen und noch vor kurzem Schlüssel gefunden sind. Darin wohnten Hünen und gegenüber, auf dem zwei Stunde fernen Zierenberg, stand eine andere Hünenburg. Da warfen die Riesen sich oft Hämmer herüber und hinüber.

21.
Geroldseck.
Philand. v. Sittewald Gesichte. Straßb. 1665. S. 32. 33.
Geroldseck, ein altes Schloß im Wasgau, von dem man vor Jahren her viel Abentheuer erzählen hören: daß nämlich die uralten deutschen Helden, die Könige Ariovist, Herman, Witechind, der hürnen Siegfried und viele andere in demselben Schlosse zu gewisser Zeit des Jahrs gesehen würden; welche, wann die Deutschen in den höchsten Nöthen und am Untergang seyn würden, wieder da heraus und mit etlichen alten deutschen Völkern denselben zu Hilf erscheinen sollten.
22.
Kaiser Karl zu Nürnberg.
Melissantes Orogr. Francof. 1715. p. 533.
vgl. Struve hist. polit. Archiv I. p. 14.
Die Sage geht, daß Karl der Große sich zu Nürnberg auf der Burg in den tiefen Brunnen verflucht habe und daselbst aufhalte. Sun Bart ist durch den Steintisch gewachsen, vor welchem er sitzt.

23.
Friedrich Rothbart auf dem Kyfhäuser.
Agricola Sprüchwort 710.
Melissantes Orogr. v. Kyffhausen.
Tenzel monatl. Unterr. 1689. S. 719. 720.
Prätorius Alectryomantia p. 69.
Dessen Weltbeschr. I. 306. 307.
Von diesem Kaiser gehen viele Sagen im Schwange. Er soll noch nicht todt seyn, sondern bis zum jüngsten Tage leben, auch kein rechter Kaiser nach ihm mehr aufgekommen. Bis dahin sitzt er verholen in dem Berg Kyfhausen und wann er hervorkommt, wird er seinen Schild hängen an einen dürren Baum, davon wird der Baum grünen und eine beßre Zeit werden. Zuweilen redet er mit den Leuten, die in den Berg kommen, zuweilen läßt er sich auswärts sehen. Gewöhnlich sitzt er auf der Bank an dem runden steinernen Tisch, hält den Kopf in die Hand und schläft, mit dem Haupt nickt er stetig und zwinkert mit den Augen. Der Bart ist ihm groß gewachsen, nach einigen durch den steinernen Tisch, nach andern um den Tisch herum, dergestalt daß er dreimal um die Rundung reichen muß, bis zu seinem Aufwachen, jetzt aber geht er erst zweimal darum.
Ein Bauer, der 1669 aus dem Dorf Reblingen Korn nach Nordhausen fahren wollte, wurde von einem kleinen Männchen in den Berg geführt, mußte sein Korn ausschütten und sich dafür die Säcke mit Gold [] füllen. Dieser sah nun den Kaiser sitzen, aber ganz unbeweglich.
Auch einen Schäfer führte ein Zwerg hinein, da stand der Kaiser auf und fragte: fliegen die Raben noch um den Berg? Und auf die Bejahung des Schäfers rief er: nun muß ich noch hundert Jahre länger schlafen.


24.
Der Birnbaum auf dem Walserfeld.
Brixener Volksbuch vom Untersberg S. 38. 39.
Bei Salzburg auf dem sogenannten Walserfeld soll dermaleinst eine schreckliche Schlacht geschehen, wo alles hinzulaufen und ein so furchtbares Blutbad seyn wird, daß den Streitenden das Blut vom Fußboden in die Schuh rinnt. Da werden die bösen von den guten Menschen erschlagen werden. Auf diesem Walserfeld steht ein ausgedorrter Birnbaum zum Angedenken dieser letz­ten Schlacht; schon dreimal wurde er umgehauen, aber seine Wurzel schlug immer aus, daß er wiederum anfing zu grünen und ein vollkommner Baum ward. Viele Jahre bleibt er noch dürr stehen, wann er aber zu grü­nen anhebt, wird die gräuliche Schlacht bald eintreten und wann er Früchte trägt, wird sie anheben. Dann wird der Baierfürst seinen Wappenschild daran aufhän­gen und niemand wissen, was es zu bedeuten hat.

25.
Der verzauberte König zu Schildheiß.
Volksbuch vom Ritter Eginhard. S. 42 ff.
Das alte Schloß Schildheiß, in einer wüsten Wald- und Berggegend von Deutschböhmen sollte aufs neue gebaut und wiederhergestellt werden. Als die Werkmeister und Bauleute die Trümmer und Grundfesten untersuchten, fanden sie Gänge, Keller und Gewölbe unter der Erden in großer Menge, mehr als sie gedacht, in einem Gewölbe saß ein gewaltiger König im Sessel, glänzend und schimmernd von Edelgestein und ihm zur Rechten stund unbeweglich eine holdselige Jungfrau, die hielt dem König das Haupt, gleich als ruhete es drinnen. Als sie nun vorwitzig und beutegierig näher traten, wandelte sich die Jungfrau in eine Sehlange, die Feuer spie, so daß alle weichen mußten. Sie berichteten aber ihren Herrn von der Begebenheit, welcher alsbald vor das bezeichnete Gewölbe ging und die Jungfrau bitterlich seufzen hörte. Nachher trat er mit seinem Hund in die Höhle, in der sich Feuer und Rauch erzeigte, so daß der Ritter etwas zurückwich und seinen Hund der vorausgelaufen war, für verloren hielt. Das Feuer verlosch und wie er sich von neuem näherte, sah er daß die Jungfrau seinen Hund unbeschädigt im Arme hielt und eine Schrift an der Wand, die ihm Verderben drohte. Sein Muth trieb ihn aber nachher dennoch an, das Abentheuer zu wagen und er wurde von den Flammen verschlungen.
26.
Kaiser Carl V. Auszug.
Mündlich, aus Hessen.
Zwischen Gudensberg und Besse in Hessen liegt der Odenberg, in welchem Kaiser Carl der Fünfte mit seinem ganzen Heer versunken ist. Ehe ein Krieg ausbricht, thut sich der Berg auf, Kaiser Carl kommt hervor, stößt in sein Hüft-Horn und zieht nun mit seinem ganzen Heer aus in einen andern Berg.
27.
Der Unterberg.
Sagen der Vorzeit oder ausführliche Beschreibung von dem berühmten salzburgischen Untersberg oder Wunderberg, wie solche Lazarus Gitschner vor seinem Tode geoffenbart. Brixen 1782. Volksbuch
Franz Sartori Naturwunder des östreich. Kaiserthums. Wien 1807. 1. Nro 7.
Der Unterberg oder Wunderberg liegt eine kleine deutsche Meile von der Stadt Salzburg an dem grundlosen Moos, wo vor Zeiten die Hauptstadt Helfenburg soll gestanden haben. Er ist im Innern ganz ausgehöhlt, mit Palästen, Kirchen, Klöstern, Gärten, Gold- und Silber-Quellen versehen. Kleine Männlein bewahren die Schätze und wanderten sonst oft um Mitternacht in die Stadt Salzburg, in der Domkirche daselbst Gottesdienst zu halten.

28.
Kaiser Karl im Unterberg.
Brixener Volksbuch von 1782. S. 28 29.
In dem Wunderberg sitzt außer andern fürstlichen und vornehmen Herrn auch Kaiser Karl, mit goldner Krone auf dem Haupt und seinen Scepter in der Hand. Auf dem großen Welserfeld wurde er verzückt und hat noch ganz seine Gestalt behalten, wie er sie auf der zeitlichen Welt gehabt. Sein Bart ist grau und lang gewachsen und bedeckt ihm das goldne Bruststück seiner Kleidung ganz und gar. An Fest- und Ehrentagen wird der Bart auf zwei Theile getheilt, einer liegt auf der rechten Seite, der andere auf der linken, mit einem kostbaren Perlenband umwunden. Der Kaiser hat ein scharfes und tiefsinniges Angesicht und erzeigt sich freundlich und gemeinschaftlich gegen alle Untergebenen, die da mit ihm auf einer schönen Wiese hin und her gehen. Warum er sich da aufhält und was seines Thuns ist, weiß niemand und steht bei den Geheimnissen Gottes.
Franz Sartori erzählt, daß Kaiser Karl der Fünfte, nach andern aber Friedrich an einem Tisch sitzt, um den sein Bart schon mehr denn zweimal herumgewachsen ist. So wie der Bart zum drittenmal die letzte Ecke desselben erreicht haben wird, tritt dieser Welt letzte Zeit ein. Der Antichrist erscheint, auf den Feldern von Wals kommt es zur Schlacht, die Engelposaunen ertönen, und der jüngste Tag ist angebrochen.
29.
Der Scherfenberger und der Zwerg.
Aus Ottokar von Horneck. Cap. 573–80. S. 539a.–544a.
Mainhard, Graf von Tirol, der auf Befehl des Kaisers Rudolf von Habsburg Steier und Kärnthen erobert hatte und zum Herzoge von Kärnthen ernannt war, lebte mit dem Grafen Ulrich von Heunburg in Fehde. Zu diesem schlug sich auch Wilhelm von Scherfenberg, treulos und undankbar gegen Mainhard. Hernach in dem Kampfe ward er vermißt und Conrad von Aufenstein, der für Mainhard gestritten hatte, suchte ihn auf.
Sie fanden aber den Scherfenberger im Sande liegen von einem Speer durchstochen und hatte er da sieben Wunden, doch nur eine Pein. Der Aufensteiner fragte ihn, ob er der Herr Wilhelm wäre. „Ja, und seyd Ihrs, der Aufensteiner, so stehet hernieder zu mir.“ Da sprach der Scherfenberger mit krankem Munde: „nehmt dieses Fingerlein; derweil es in eurer Gewalt ist, zerrinnet Euch Reichthum und weltliche Ehre nimmermehr;“ damit reichte er es ihm von der Hand. Indem kam auch Heinrich der Told geritten und hörte, daß es der Scherfenberger war, der da lag. „So ist es der, sprach er, welcher seine Treue an meinem Herrn gebrochen, das rächt nun Gott an ihm in dieser Stund.“ Ein Knecht mußte den todtwunden auf ein Pferd legen, aber er starb darauf. Da machte der Told, daß man ihn wieder herab legte, wo er vorher [] gelegen war. Darnach ward der Scherfenberger beklagt von Männern und Weibern; mit dem Ring aber, den er dem Aufensteiner gegeben, war es auf folgende Weise zugegangen.
Eines Tages sah der Echerfenberger von seiner Burg auf dem Feld eine seltsame Augenweide. Auf vier langen vergüldeten Stangen trugen vier Zwerge einen Himmel von klarem und edlem Tuche. Darunter ritt ein Zwerg, eine goldne Krone auf dem Häuptlein, und in allen Gebärden als ein König. Sattel und Zaum des Pferdes war mit Gold beschlagen, Edelsteine lagen darin und so war auch alles Gewand beschaffen. Der Scherfenberger stand und sah es an, endlich ritt er hin und nahm seinen Hut ab. Der Zwerg gab ihm guten Morgen und sprach: „Wilhelm, Gott grüß Euch!“ „Woher kennt Ihr mich?“ antwortete der Scherfenberger. „Laß dir nicht leid seyn, sprach der Zwerg, daß du mir bekannt bist und ich deinen Namen nenne; ich suche deine Mannheit und deine Treue, von der mir so viel gesagt ist. Ein gewaltiger König ist mein Genosse um ein großes Land, darum führen wir Krieg und er will mirs mit List angewinnen. Ueber sechs Wochen ist ein Kampf zwischen uns gesprochen, mein Feind aber ist mir zu groß, da haben alle meine Freunde mir gerathen, dich zu gewinnen. Willst du dich des Kampfes unterwinden, so will ich dich also stark machen, daß, ob er einen Riesen brächte, dirs doch gelingen soll. Wisse, guter Held, ich bewahre dich mit einem Gürtel, der dir zwanzig Männer Stärke [] gibt.“ Der Scherfenberger antwortete: „weil du mir so wohl traust und auf meine Mannheit dich verläßt, so will ich zu deinem Dienste seyn, wie es auch mit mir gehen wird, es soll alles gewagt werden.“ Der Zwerg sprach: „fürchte dich nicht, Herr Wilhelm, als wäre ich ungeheuer, nein, mir wohnt christlicher Glaube an die Dreifaltigkeit bei und daß Gott von einer Jungfrau menschlich geboren wurde.“ Darüber ward der Scherfenberger froh und versprach, wo nicht Tod oder Krankheit ihn abhalte, daß er zu rechter Stunde kommen wollte. „So kommt mit Roß, Rüstung und einem Knaben an diese Stätte hier, sagt aber niemanden etwas davon, auch Euerm Weibe nicht, sonst ist das Ding verloren.“ Da beschwur der Scherfenberger alles. „Sieh hin, sprach nun das Gezwerg, dies Fingerlein soll unserer Rede Zeuge seyn; du sollst es mit Freuden besitzen, denn lebtest du tausend Jahre, so lang du es hast, zerrinnet dir dein Gut nimmermehr. Darum sey hohen Muthes und halt deine Treue an mir.“ Damit ging es über die Heide und der Scherfenberger sah ihm nach, bis es in den Berg verschwand.
Als er nach Haus kam, war das Essen bereit und jedermann fragte, wo er gewesen wäre, er aber sagte nichts, doch konnt er von Stund an nicht mehr so fröhlich gebaren wie sonst. Er ließ sein Roß besorgen, sein Panzerhemd bessern, schickte nach dem Beichtiger, that heimlich lautere Beichte und nahm darnach mit Andacht des Herren Leib. Die Frau suchte von dem [] Beichtiger die Wahrheit an den Sachen zu erfahren, aber der wies sie ernstlich ab. Da beschickte sie vier ihrer besten Freunde, die führten den Priester in eine Kammer, setzten ihm das Messer an den Hals und drohten ihm auf den Tod, bis er sagte, was er gehört hatte.
Als die Frau es nun erfahren, ließ sie die nächsten Freunde des Scherfenberger kommen, die mußten ihn heimlich nehmen und um seinen Vorsatz fragen. Als er aber nichts entdecken wollte, sagten sie ihm vor den Mund, daß sie alles wüßten, und als er es an ihren Reden sah, da bekannte er allererst die Wahrheit. Nun begannen sie seinen Vorsatz zu schwächen und baten ihn höchlich, daß er von der Fahrt ablasse. Er aber wollt seine Treue nicht brechen und sprach, wo er das thue, nehme er fürder an allem Gut ab. Sein Weib aber tröstete ihn und ließ nicht nach, bis sie ihn mit großer Bitte überredete, da zu bleiben; doch war er unfroh.
Darauf über ein halbes Jahr ritt er eines Tages zu seiner Feste Landstrotz hinter den seinigen zu allerletzt. Da kam der Zwerg neben zu ihm und sprach: „wer Eure Mannheit rühmt, der hat gelogen! wie habt Ihr mich hintergangen und verrathen! Ihr habt an mir verdient Gottes und guter Weiber Haß. Auch sollt Ihr wissen, daß Ihr in Zukunft sieglos seyd und wäre das gute Ringlein nicht, daß ich Euch leider gegeben habe, Ihr müßtet mit Weib und Kind in Armuth leben.“ Da griff der Zwerg ihm an die Hand [] und wollts ihm abzucken, aber der Scherfenberger zog die Hand zurück und steckte sie in die Brust; dann ritt er von ihm über das Feld fort. Die vor ihm waren, die hatten alle nichts gesehen.

30.
Das stille Volk zu Plesse.
Joh. Letzner plessisches Stammbuch.
Wunderbare Begebenheiten eines göttingischen Studenten auf dem alten Schlosse Plesse. 1744. S. 15 ff.
Auf dem hessischen Bergschloß Plesse sind im Felsen mancherlei Quellen, Brunnen, Schluchten und Höhlen, wo der Sage nach Zwerge wohnen und hausen sollen, die man das stille Volk nennt. Sie sind schweigsam und gutthätig, dienen den Menschen gern, die ihnen gefallen. Geschieht ihnen ein Leid an, so lassen sie ihren Zorn doch nicht am Menschen aus, sondern rächen sich am Vieh, das sie plagen. Eigentlich hat dies unterirdische Geschlecht keine Gemeinschaft mit den Menschen und treibt inwendig sein Wesen, da hat es Stuben und Gemächer voll Gold und Edelgestein. Steht ihm ja etwas oben auf dem Erdboden zu verrichten, so wird das Geschäft nicht am Tage, sondern bei der Nacht vorgenommen. Dieses Bergvolk ist von Fleisch und Bein, wie andere Menschen, zeugt Kinder und stirbt; allein es hat die Gabe, sich unsichtbar zu machen und durch Fels und Mauer eben so leicht zu gehen, als wir durch die Luft. Zuweilen erscheinen [] sie den Menschen, führen sie mit in die Kluft und beschenken sie, wenn sie ihnen gefallen, mit kostbaren Sachen. Der Haupteingang ist beim tiefen Brunnen; das nahgelegene Wirthshaus heißt: zum Rauschenwasser.


31.
Des kleinen Volks Hochzeit-Fest.
Mündlich, aus Sachsen.
Das kleine Volk auf der Eilenburg in Sachsen wollte einmal Hochzeit halten und zog daher in der Nacht durch das Schlüsselloch und die Fenster-Ritzen in den Saal und sie sprangen hinab auf den glatten Fußboden, wie Erbsen auf die Tenne geschüttet werden. Davon erwachte der alte Graf, der im hohen Himmel-Bette in dem Saal schlief und verwunderte sich über die vielen kleinen Gesellen. Da trat einer von ihnen, geschmückt wie ein Herold, zu ihm heran und lud ihn in ziemenden Worten gar höflich ein, an ihrem Fest Theil zu nehmen. „Doch um eins bitten wir, setzte er hinzu, ihr allein sollt zugegen seyn, keins von euerm Hof-Gesinde darf sich unterstehen, das Fest mit anzuschauen, auch nicht mit einem einzigen Blick.“ Der alte Graf antwortete freundlich: „weil ihr mich im Schlaf gestört, so will ich auch mit euch seyn.“ Nun ward ihm ein kleines Weiblein zugeführt, kleine Lampenträger stellten sich auf und eine Heimchen-Musik hob an. Der Graf hatte Mühe, das Weiblein beim [] Tanz nicht zu verlieren, das ihm so leicht daher sprang und endlich so im Wirbel umdrehte, daß er kaum zu Athem kommen konnte. Mitten in dem lustigen Tanz aber stand auf einmal alles still, die Musik hörte auf und der ganze Haufe eilte nach den Thürspalten, Maus-Löchern und wo sonst ein Schlupf-Winkel war. Das Brautpaar aber, die Herolde und Tänzer schauten aufwärts nach einer Öffnung, die sich oben in der Decke des Saals befand und entdeckten dort das Gesicht der alten Gräfin, welche vorwitzig nach der lustigen Wirthschaft herabschaute. Darauf neigten sie sich vor dem Grafen und derselbe, der ihn eingeladen, trat wieder hervor und dankte ihm für die erzeigte Gastfreundschaft. „Weil aber, sagte er dann, unsere Freude und unser Hochzeit also ist gestört worden, daß noch ein anderes menschliches Auge darauf geblickt, so soll fortan euer Geschlecht nie mehr als sieben Eulenburgs zählen.“ Darauf drängten sie nach einander schnell hinaus, bald war es still und der alte Graf wieder allein im finstern Saal. Die Verwünschung ist bis auf gegenwärtige Zeit eingetroffen und immer einer von den sechs lebenden Rittern von Eilenburg gestorben, ehe der siebente geboren war




















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